Does this thing live?

viel vor. murks dahinter

ka-news.de bewirbt ihn

Ausgefallene Werbekampagne erobert das Netz
[…]
Nun erobert die Kampagne auch die große weite Webwelt mit einer dynamischen Internet-Plattform, die zum Mitmachen einlädt. „Die Inhalte sind leicht verständlich, mit viel Witz aufgearbeitet und auch die einfache Funktionsweise zeichnet das Portal als besonders benutzerfreundlich aus“, so das Stadtmarketing.

und die umsetzende Agentur brüstet sich

Unser Vorschlag bietet maximalen Spielraum bei der Gestaltung und minimalen Aufwand bei der Wartung, funktioniert blitzschnell und ist – Stichwort barrierefrei – problemlos für jedermann zugänglich. Das Ganze ganz briefingkonform und mit dem bescheidenen Anspruch, Karlsruhes most clicked Seite zu werden. Online-Start ist der 24.Juli 2004!

Der neue Webauftritt der Stadt Karlsruhe rund um die Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2010 mit dem Slogan „viel vor. viel dahinter.“

Das schreit ja geradezu nach Kritik.

  • Zunächst mal scheint man sich kein „richtiges“ Hosting-Paket gönnen zu wollen, hinter vielvorvieldahinter.de verbirgt sich ein Standard-Framesetdie „Weiterleitung“ von 1&1 mit einem Frame. Dieser enthält ein weiteres, diesmal handgeschriebenes Frameset auf einem anderen Server mit jetzt schon zwei Frames. Der erste ist leer, der zweite zeigt dann endlich auf den Server, auf dem die Seiten liegen. Barrierefrei, ja?
    Aber mit Frames kennt sich die Agentur offenbar aus.
  • Flash-Intros scheinen bei manchen immer noch nicht aus der Mode gekommen zu sein. Nochmal: barrierefrei, ja?
  • Wenn man sich hier durchgekämpft hat, gelangt man auf die eigentliche Startseite. Es sei denn, man hat auf das Ortschild in der Mitte geklickt. Dann bekommt man erstmal einen netten Hinweis, dass man vorher nach seinem Foto hätte suchen sollen. Wenn man’s findet und ausdruckt – wie originell – dann kann man eine Überraschung gewinnen, die man sich im „vielvorvieldahinter-Shop“ abholen kann.
  • Ach ja, der Shop. Da gibt’s Kappen und T-Shirts und Badetücher und so weiter, alles mit dem Ortsschild-Logo. Online? Weit gefehlt. „Donnerstags, 12 bis 18 Uhr. Kaiserstraße 142 – 144.“ Zielgruppe sind offenbar Rentner, Kinder und Arbeitslose. Internethauptstadt, ja?
  • Den beschworenen „viel Witz“ sucht man übrigens vergeblich. Vielleicht sind die originellen Überschriften gemeint, die die einzelnen Rubriken einleiten. Da finden sich so eingängige, leicht von der Zunge gehende Werke wie „Hier geht es nicht um besser wissen. Hier geht es um besser machen!“ oder „Hier geht es nicht nur um den Fächer. Hier geht es auch um die Stadt drumrum!“ und auch „Hier geht es nicht um ganz nett. Hier geht es um fantastisch!„. Bitte laut vorlesen.
  • „Highlights folgen in Kürze“
  • Der „Newsletter“. Obendrüber der Spruch „Hier geht es nicht nur um Information. Hier geht es auch um Aktualität!“ Das Neueste ist vom Mai 2004. Darunter eine Nachricht vom März über ein Event im Januar. Von News keine Spur, von Letter noch weniger.
  • Oh, ich hab den Witz gefunden: „Hier geht es nicht um wild runterladen. Hier geht es um Schild runterladen!“ Kracher

Und die liebe Technik:

  • Da gibt es Bilder, die heißen „stadtschild_60x90.jpg“, sind aber in Wahrheit viel größer und werden dann per HTML-Code wieder auf 60×90 zusammengeschrumpft. Sieht spitze aus.
  • Links sind nicht als solche zu erkennen, besuchte Links heben sich von allen anderen deutlich ab. Sollte das nicht andersrum sein?
  • Die Textgröße lässt sich im IE nicht verändern. Das mag zwar ein IE-Bug sein, hätte sich aber auch mit einfachen Mitteln verhindern lassen. Barrierefrei, ja?
  • Bei ausgeschaltetem JavaScript bleibt die Startseitegenau, die wichtige mit dem Flash-Intro weiß. Kein Link, der einem irgendwie weiterhelfen würde. Der Rest der Seite geht immerhin auch ohne.
  • Der Quellcode sieht aus, als hätten sich die Entwickler nicht zwischen der veralteten Verwendung von Tabellen oder der modernen Verwendung von CSS entscheiden können (zu diesem Thema siehe übrigens auch diesen sehr lesenswerten Artikel.
  • Der IE mag nicht so richtig mit den Umlauten. Das kann aber auch an speziell meinem IE liegen.
  • Hoppla. error 404. Da hat wohl jemand eine der Frameseiten entfernt.

Liebe Leute, wenn Ihr schon Millionen für Werbekampagnen ausgebt, dann doch bitte richtig.

Nachtrag: Wie man in der Simulation des textbasierten Lynx-Browsers(oft verwendet, um z.B. ein Gefühl dafür zu bekommen, wie eine Webseite durch entsprechende Tools einem Blinden vorgelesen wird) beim Aufruf der eigentlichen Seiten sieht, hätten sie es ja zumindest teilweise fast richtig gemacht. Das ist durchaus anzuschauen. Wenn da die Frames nicht wären. (Merci an Beate Paland für den Tip.)

5 Comments to “viel vor. murks dahinter” RSS feed for these comments

  1. Schmidetzki sagt:

    Aber immerhin ist die 404-Seite ansehnlich.
    Schade, daß die Seite nicht (mehr) online ist…

  2. Probier’s mal hier. Oder hier. Die haben das mit den Frames noch nicht ganz im Griff.

    Offensichtlich haben sie den „zweiten“ Frame von einem Unterverzeichnis eine Ebene nach oben verschoben, aber den ersten Frame nicht entsprechend angepasst. Die Seite an sich läuft noch.

  3. Danke.
    Du bringst es auf den(/die) Punkt(e).

  4. schmidetzki sagt:

    Yep – ich sehe es.
    Über Geschmack läßt sich ja streiten – aber deine Kritik ist absolut berechtigt. Von „Professionalität“ weit entfernt. Aber immerhin: „Highlights folgen in Kürze“ … vielleicht kommt ja dann der „Aha, auch das ist also Karlsruhe“-Effekt

  5. Ulli sagt:

    Die Umlaute fehlen teilweise auch mit Safari unter MAC OS X, passiert also nicht nur bei IE…

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