Rebooting.

Europäische Politiker betreiben Datenschutz nur sehr selektiv

Im Grunde stellt der Swift-Vertrag jeden grenzüberschreitenden Geldverkehr unter Generalverdacht. Wenn Geld fließt, über die Grenzen hinweg, dann ist das ein Vorgang, der registriert und archiviert wird. Swift selbst erledigt für die Fahnder dann den Rest, betreibt eine fünfjährige Vorratsdatenspeicherung über die Überweisungen und ihre Details, gibt diese auf Anforderung weiter. Für die Sicherheit der Bürger Europas soll sorgen, dass ein Beobachter von Swift in den USA nach dem rechten Umgang mit den Daten schauen soll. Klingt nach einer Vollzeitstelle, bei der kaum Langeweile aufkommt. Es ist sehr schwer vorstellbar, dass jede Anfrage auf ihre Legitimität und Verwendung geprüft werden könnte.

Gerechtfertigt durch Terrorprävention ließen sich so sogar ganz legale Geschäftsverhältnisse beobachten und die so gewonnenen Daten zum Vorteil US-amerikanischer Firmen ausnutzen. Industriespionage auch unter Freunde hat eine lange Tradition: US-Geheimdienste spionierten mit angelsächsischer Hilfe über Jahrzehnte europäische Unternehmen aus und gaben ihre Erkenntnisse an US-Unternehmen weiter, um diesen übrigens erfolgreich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Ob die USA dieses berüchtigte, Echelon genannte Programm wirklich aufgegeben haben, nachdem die Praxis im September 2001 im EU-Parlament öffentlich gemacht und mit einem offiziellen Protest kommentiert wurde, ist eine Frage des Vertrauens.

Swift-Abkommen: Freibrief für die Datensauger aus den USA – SPIEGEL ONLINE

Sammelleidenschaft

Man muss den Adress- und Kontodatenhändlern ja schon fast dankbar sein. Nur weil „Oma Erna“ jetzt ein paar Euro vom Konto abgebucht wurden, ist das Thema Datenschutz gerade so richtig schön in der Diskussion, endlich auch mal im Mainstream angekommen. Aus der abstrakten, schwer verständlichen Gefahr des Datenmissbrauchs ist ein konkreter Angriff direkt aufs Portemonnaie geworden. Durch die Bank wird jetzt besserer Schutz persönlicher Informationen gefordert, vorneweg Politiker von Bosbach bis Zypries.

Aber natürlich ist ausschließlich die Privatwirtschaft böse, sammeln und handeln raffgierige Versicherungen, Lotterien und Vermarkter mit Informationen. Der zur Zeit größte Datensammler überhaupt wird schön rausgehalten: der Staat selbst. Von Maut-Brücken, elektronischer Gesundheitskarte, Fluggastdatenweitergabe, Gen-Datenbanken und der totalen Vorratsdatenspeicherung ist komischerweise nie die Rede.

Dabei lassen sich Daten nur dann wirksam schützen, wenn sie gar nicht erst gesammelt werden.