Rebooting.

Die Veränderung der Privatsphäere

In den letzten Wochen und Monaten gab es unzählige Veröffentlichungen zu den “Gefahren des Netzes” für die Privatsphäre. Es wurde und wird gewarnt vor den sozialen Netzwerke als “unerschöpfliche Quelle persönlicher Daten”. Verbunden wird dies mit den Empfehlungen zum Umgang mit privaten Informationen. Klassiker sind stets die Partyfotos, die einem ein Personalchef beim Einstellungsgespräch vorhält und die angeblich zur Ablehnung der Einstellung führen.

Ich halte dieses Beispiel für eine der größten Legenden im Netz. Die Generation 40+, die nämlich vorwiegend vor diesen Gefahren warnt, hat offenbar gar nicht verstanden, was sich derzeit im Netz abspielt und vor allem, wie junge Leute damit umgehen.

Schutz von Daten und Privatsphäre interessiert nur noch Generation 40+

Sicher löschen

Will man Daten auf seinem PC restlos loswerden, muss man sie überschreiben. Das sollte nun inzwischen jeder mitgekriegt haben (hust). Die Geister scheiden sich eigentlich nur noch in der Frage, wie oft dieses Überschreiben geschehen sollte. Ein paar Tests haben wohl nachgewiesen, dass selbst einmaliges Überschreiben schon ausreichen sollte.

Eraser ist ein feines Tool, das einem genau diesen Job erledigt und eben in einer neuen Version auch für Windows 7 erschienen. Ich habe das immer so genutzt, dass ich regelmäßig den Windows-Papierkorb nicht geleert, sondern eben “erased” habe.

Achtung, auf SSDs und Flash-Medien wie Speicherkarten oder USB-Sticks dürfte das nicht ausreichen, da hier nicht sicher die gewünschten Blöcke überschrieben werden können. Da hilft nur, das Speichermedium mit Unsinn vollzumachen und wieder zu löschen, um wirklich den gesamten Platz überschrieben zu haben.

Wer ganze Rechner inklusive OS bereinigen will, greift besser zu DBAN.

flickr jetzt auch mit Namens-Tags

flickr bietet jetzt auch die Möglichkeit, Personen in Fotos zu markieren und zu benennen. Allerdings lassen sich (momentan) nur andere Mitglieder hinzufügen und jeder kann selbst bestimmen, ob er das möchte:

But maybe you’re thinking, “Eep — me in a photo?” Don’t fret. We’ve spent a lot of time weaving together a variety of preferences that will ensure you’re only featured on Flickr in a way that you’re comfortable with.

You can set your preferences for who can add you to photos and who can add people to photos you’ve shared. You can even determine on a photo-by-photo basis if you’d like to be featured — after all, everyone has a bad hair day now and then.

Photo, Name, Geo-Location, Aufnahmezeitpunkt… alles drin. Was für ein herrlicher Datenpool.

Die Gesichtserkennung in Picasa

Mit der Version 3.5 bringt die Bildverwaltungssoftware Picasa u.a. eine Gesichtserkennung mit. Das Tool scannt einmal die komplette Bildersammlung, erkennt Gesichter und will dann vom Benutzer Namen dazu haben. Der Scan geht Stunden, aber man kann währenddessen schon anfangen. Hat man genug Einträge manuell zugeordnet, kann es weitere selbst erkennen und will das dann nur noch bestätigt haben:

image

Mit jeder Bestätigung werden die Treffer besser. Das klappt erstaunlich gut, hat aber immer wieder ein paar Ausreißer drin. Interessant, wer sich so alles rechnerisch ähnlich sieht.

Obwohl ich Picasa sonst nicht nutze, macht dieses Feature eine Menge Spaß und ist extrem nützlich. Einfacher kann man seine Bildersammlung nicht nach Personen ordnen. Somit lassen sich auch Bilder finden, auf denen mehrere ausgewählte Kontakte zu sehen sind: “Zeig mir alle Bilder mit mir und meinem Sohn”.

Nebeneffekt: die Informationen lassen sich auch ganz einfach zu den Picasa Web-Alben hochladen, womit Google eine prima handgepflegte Datenbank mit biometrischen Gesichtsmerkmalen frei Haus geliefert bekommt. Und die Datenschützer regen sich über Street View auf…

Lieber die Augen verschließen

Alvar Freude hat eine schöne Zusammenfassung des kürzlich erfolgten Treffens der “Arbeitsgruppe Access Blocking”, bei dem das Familienministerium seine Wahnunschvorstellung der kommenden Zensurinfrastruktur im deutschen Teil des Netzes mit den ISPs diskutieren wollte.

Frau von der Leyen ist diejenige, die die „skrupellosen Geschäftemacher“ unterstützt, indem sie sich lieber die Augen verschließt als etwas gegen die Verbreiter der Inhalte zu unternehmen.

Und Singhammer ist so naiv zu behaupten, dass es nur um Kinderpornographie gehe:

Wichtig in der laufenden Diskussion: Die Zugriffssperren sollten ausschließlich für das Thema Kinderpornografie im Internet gelten. Kinderpornografie ist im Gegensatz zu Extremismus oder Gewalt im Internet gut abgrenzbar. Das Bundeskriminalamt recherchiert die gefährlichen Seiten, stellt eine Liste zusammen und gibt diese verschlüsselt an die Provider. Das BKA trägt dafür auch die Verantwortung und Haftung.

Lieber Herr Singhammer, dann erklären Sie mir doch mal, warum auf den einschlägigen Listen tausende Webseiten aus westlichen Ländern sind, einige davon aus Deutschland (siehe Details auch im Scusiblog)? Warum machen Sie, Herr Singhammer, und Sie, Frau Falk, denn nichts gegen Kinderpornographie und fordern nicht, dass die Webseiten geschlossen werden? Die Blockade-Forderung erinnert mich an meine zweijährige Tochter Franka: Sie hält sich die Augen zu und sagt: „Franka Weg.“ …

Insbesondere der letzter Link zum Scusiblog ist interessant. Da muss man schonmal die Frage stellen, warum nichts wirklich dagegen unternommen wird, dass ausgerechnet Deutschland in Europa ein Kinderporno-Hotspot ist.

Naja, vielleicht wird das mal zum Alleinstellungsmerkmal eines Providers, wenn er den Unsinn nicht mitmacht.

Update: Links entfernt, da die deutsche Polizei offenbar inzwischen aktiv mit Hausdurchsuchungen gegen sowas vorgeht.

Dieser Kontostand wurde Ihnen präsentiert von…

Meine Bank liefert jetzt Werbung mit der VISA-Kartenabrechnung aus. Erschreckend zu einer aktuellen Problematik passende Werbung. Ich kann nur hoffen, dass das entweder Zufall oder saisonbedingt ist.

Ach wie praktisch

Was ein Timing. Kaum redet Deutschland mal über Datenschutz, zaubern die Kriminalen „Erfolgreiche Ermittlungen gegen Kinderporno-Konsumenten“ hervor. Leider konnten nur 987 des Downloads von Kinderpornografie Verdächtige identifiziert werden, weil die Vorratsdatenspeicherung zum entsprechenden Zeitpunkt noch nicht in Kraft war.

Und:

Das LKA mache die unter dem Namen „Operation Smasher“ geführten Ermittlungen erst jetzt bekannt, um die Ermittlungen nicht zu gefährden, erklärte eine Sprecherin des Bayerischen Landeskriminalamtes der dpa.

Oder weil die Stimmung ein wenig umzukippen drohte? Weil gegen die Vorratsdatenspeicherung gerade die größte Verfassungsbeschwerde der Geschichte Deutschlands läuft?

Und erinnern wir uns mal kurz an die letztjährige ganz ähnliche Operation Himmel. Die wird inzwischen als Operation Heiße Luft betitelt. Mal sehen, ob diesmal wenigstens die Quote besser ist.

Privates bloggen

By Schnutinger, man muss sie lieben.

Sammelleidenschaft

Man muss den Adress- und Kontodatenhändlern ja schon fast dankbar sein. Nur weil „Oma Erna“ jetzt ein paar Euro vom Konto abgebucht wurden, ist das Thema Datenschutz gerade so richtig schön in der Diskussion, endlich auch mal im Mainstream angekommen. Aus der abstrakten, schwer verständlichen Gefahr des Datenmissbrauchs ist ein konkreter Angriff direkt aufs Portemonnaie geworden. Durch die Bank wird jetzt besserer Schutz persönlicher Informationen gefordert, vorneweg Politiker von Bosbach bis Zypries.

Aber natürlich ist ausschließlich die Privatwirtschaft böse, sammeln und handeln raffgierige Versicherungen, Lotterien und Vermarkter mit Informationen. Der zur Zeit größte Datensammler überhaupt wird schön rausgehalten: der Staat selbst. Von Maut-Brücken, elektronischer Gesundheitskarte, Fluggastdatenweitergabe, Gen-Datenbanken und der totalen Vorratsdatenspeicherung ist komischerweise nie die Rede.

Dabei lassen sich Daten nur dann wirksam schützen, wenn sie gar nicht erst gesammelt werden.

Unter Verdacht

Die Schweizer Regierung hält ihre komplette Bevölkerung für Verbrecher. Zumindest will man sie so behandeln:

Darum wächst bei vielen Fahndern der Wunsch, auf elektronischem Weg mehr über verdächtige Nutzer zu erfahren. In Kriminalfällen möchten sie schnell wissen, was ihre Zielpersonen im Internet treiben. Dazu gehört, welche Websites sie besuchen und welche Daten sie aus dem Internet auf ihre Rechner kopieren. Die Installation neuer Überwachungssoftware in die Kommunikationsnetze soll Bundes- und Kantonsbehörden den Zugriff auf diese Informationen ermöglichen. Sie sollen mehrere Monate lang in einer Datenbank gespeichert werden und die rückwirkende Überwachung ermöglichen.

Und:

Ganz automatisch wird nach und nach in Bern eine vollständige Datensammlung mit den Fotos und Körpermerkmalen aller Bürger und Bürgerinnen entstehen.

Dagegen sind die aktuellen Pläne der EU ja harmlos.

[SonntagsZeitung]